Warum auch das Kohlestrom-Elektroauto das Klima schützt

24.05.2019 | Auch hier zu finden im Web

Elektromobilität
Energiewende
CO2

Die Debatten rund um die E-Mobilität wogen derzeit hin und her: Die Umweltwirkungen bei der Batterieproduktion, die Beschäftigungseffekte, die Kosten für die Besitzer, diese und viele andere Aspekte verlangen nach Aufmerksamkeit in der Diskussion. Ein wiederkehrendes Argument ist, dass nur ein mit Grünstrom betanktes Elektroauto tatsächlich auch einen positiven Klimaeffekt hat. Wird die Batterie mit „normalem Strom“, d. h. insbesondere Strom aus Kohlekraftwerken, beladen, verlagert man den CO2-Ausstoß nur vom (nicht mehr vorhandenen) Autoauspuffrohr zum Kamin des Kohlekraftwerks. Auf den ersten Blick erscheint dies nachvollziehbar und plausibel. Tatsächlich ist es aber so, dass jedes Elektroauto einen positiven Klimaeffekt hat, selbst wenn die Batterie mit Kohlestrom lädt. Einzige Voraussetzung: Es wird aus dem Netz der öffentlichen Versorgung beladen – hört sich technisch regulatorisch kompliziert an, trifft aber nach praktischem Ermessen für jede Ladesäule bzw. jede Beladung zu.

Auch ein Kohlestrom-Elektroauto hat einen positiven Klimaeffekt und führt nicht zu mehr CO2-Emissionen – wie kann das sein? Der Grund liegt im CO2-Handel, dem die gesamte europäische Stromwirtschaft unterworfen ist. Im Rahmen des 2005 von der EU-Kommission eingeführten Handelssystems muss jeder Emittent von CO2, so auch Kraftwerksbetreiber, für seine Emissionen Erlaubniszertifikate vorweisen, sogenannte European Emission Allowances (EUAs). Die Gesamtzahl der EUAs ist fix und wird nicht verändert – zur Zeit werden jedes Jahr für grob 2 Milliarden Tonnen CO2 EUAs ausgegeben und über die Märkte an die Industrie verkauft. Möchte ein Kohlekraftwerksbetreiber mehr produzieren als ursprünglich gedacht, braucht er also nicht nur mehr Kohle, sondern auch zusätzliche EUAs, die er am Markt kaufen muss.

Die fixe Menge der EUAs stellt sicher, dass genau diese Mengen CO2-Emissionen anfallen, unabhängig von den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen oder anderen Ereignissen. Dazu ein Praxisbeispiel: Nach Fukushima hat Deutschland sehr kurzfristig acht Kernkraftwerke stillgelegt, deren Produktionsmenge insbesondere auch durch Kohlestrom ersetzt werden musste. Trotz der erhöhten Nachfrage gab es aber nicht mehr CO2-Zertifikate. Mehr Nachfrage bei unverändertem Angebot führt stattdessen zu steigenden Preisen, und in der Tat stieg der Preis für EUAs binnen Tagesfrist merklich an.

Ein Unternehmen, das zum Beispiel im aktuellen Marktumfeld 26 Euro für ein EUA bezahlt, wird dieses EUA auch einsetzen wollen, d. h. die entsprechende Tonne CO2 auch emittieren. Und ein Unternehmen, das ein EUA nicht braucht, wird es an ein Unternehmen verkaufen, das dieses EUA dann einsetzt. Neben der effizienten Verteilung der CO2-Emissionen ist der Vorteil des Systems also, dass genau die definierte CO2-Menge emittiert wird. Der Nachteil ist, dass genau die definierte CO2-Menge emittiert wird. Unter Energiewirtschaftlern ist der Effekt hinreichend bekannt – siehe beispielsweise Sören Götz im Gespräch mit Umweltökonom Wilfried Rickels oder auch Hans-Werner Sinn mit seiner Kritik, dass EEG sei klimaunwirksam – beide stellen genau auf diese Wirkung des CO2-Handels ab.

Der CO2-Handel wirkt auch auf die Elektromobilität: Wären morgen eine Million Elektroautos unterwegs, die alle mit Kohlestrom beladen würden, dann würde die Stromnachfrage kräftig steigen. Aber es gäbe trotzdem nicht mehr CO2-Zertifikate –oder anders formuliert: Auch bei einer Million Elektroautos würde nicht mehr CO2 emittiert. Insofern: Der CO2-Effekt eines jeden Elektroautos ist also null und insofern der Klimaeffekt positiv. Im Unterschied dazu nehmen Benzin und Diesel nicht am CO2-Handel teil. Wird also ein Auto mit Verbrennungsmotor durch ein Elektroauto ersetzt, dann wird richtig was fürs Klima getan: Die CO2-Emissionen des Verbrenners fallen weg, durch das Elektroauto kommen keine neuen CO2-Emissionen dazu – unterm Strich also weniger CO2 trotz weiter vorhandenem Auto.

Wohlgemerkt: Unbenommen von diesen Überlegungen sind Themen wie mit der Kohleverstromung einhergehende andere Emissionen oder auch strategische Überlegungen zu einer langfristig erneuerbaren Energieversorgung. Aber es bleibt dabei: Das Laden eines Elektroautos belastet nicht das Klima – auch nicht mit Kohlestrom im Tank.

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