Transformation in der Energiewirtschaft – politische Stabilität für dynamischen Wettbewerb
20.06.2025 | Auch hier zu finden im Web

Transformation in der Energiewirtschaft – politische Stabilität für dynamischen Wettbewerb
Dr. Christoph Müller
Veröffentlicht auf LinkedIn am 20.06.2025
[Rede auf dem 58. FIW-Symposion, 6. März 2025, Innsbruck]
Über die Einladung zum diesjährigen Unternehmensvortrag auf Ihrer Tagung habe ich mich sehr gefreut. Einige von Ihnen haben sich vielleicht aber auch gewundert, dass mein Name auf dem Programm steht. Schließlich setzt sich das FIW mit aller Kraft für den Wettbewerb ein und ich bin als Vorsitzender der Geschäftsführung von Amprion der Vertreter eines lupenreinen Monopolisten. Ich möchte Ihnen jedoch gute Gründe nennen, warum ein monopolistischer Netzbetreiber und der Wettbewerb hervorragend zusammenpassen.
Diese Gründe haben mit unserem gesetzlichen Auftrag zu tun: dem Betrieb und bedarfsgerechten Ausbau des Übertragungsnetzes. Wie Sie vielleicht wissen, gibt es in Deutschland vier Übertragungsnetzbetreiber. Amprion betreibt Stromautobahnen von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bis zum Bodensee und nach Bayern. Unsere volkswirtschaftliche Verantwortung ist dabei immens: In unserem Netzgebiet ist der Energieabsatz deutschlandweit am größten. Weil hier fast 30 Mio. Menschen leben und wichtige industrielle Ballungszentren liegen. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass bei Ihnen die Lichter immer leuchten.
Nun fragen Sie sich bestimmt immer noch, was das mit Markt und Wettbewerb zu tun hat. Der Ausbau der Infrastruktur ist eine Voraussetzung für die Transformation des Energiesystems. Bei Amprion setzen wir deshalb Projekte mit einer Gesamtlänge von mehr als 4.000 Kilometern um, die unter anderem auch Offshore-Windstrom in die industriellen Zentren bringen werden. Daraus resultiert ein Investitionsprogramm über die nächsten fünf Jahre von über 30 Mrd. Euro. Wir sind dabei jedoch der einzige Stromnetzbetreiber, der sich nicht mithilfe der öffentlichen Hand finanziert. Amprion gehört zu 25 Prozent RWE und zu 75 Prozent institutionellen Finanzanlegern, Versicherungen und Pensionsfonds, die aus Deutschland bzw. der DACH-Region kommen. Sie steuern Eigenkapital bei. Das Fremdkapital beschaffen wir über die Kapitalmärkte. Und jeder, der in diesem Umfang kapitalmarktorientiert arbeitet, weiß: Dieser Wettbewerbsdruck zieht sich durch das gesamte Unternehmen.
Unser zweiter Berührungspunkt mit dem Markt hat mit unserer Verantwortung zu tun, die Versorgungssicherheit bzw. die Systemstabilität für unsere Regelzone zu gewährleisten. Das geschieht in unserer Hauptschaltleitung in Brauweiler, von wo aus wir die Stromflüsse in Deutschland und Nordeuropa koordinieren. Formal sorgen wir dafür, dass in der nächsten Stunde der Strom nicht ausfällt. Kurzfristig heißt das, dass wir uns mit den Marktergebnissen intensiv auseinandersetzen und sie in konkrete Transportbedarfe übersetzen. Und wenn Markt und Physik nicht zusammenpassen, dann greifen wir ein – indem wir sogenannten Redispatch machen. Langfristig fragen wir uns, ob der aus dem Marktprozess kommende zukünftige Kraftwerkspark die Versorgungssicherheit bieten kann, die Deutschland braucht. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass wir mit den anderen deutschen Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern den Strommarkt überhaupt erst möglich machen. Und Sie finden dabei wohl kein anderes Unternehmen, bei dem so viele Marktdaten zusammenlaufen wie bei Amprion.
In Bezug auf den Strommarkt schauen wir also sehr genau hin. Aber wie nehmen Sie die aktuelle Situation wahr: Finden Sie, dass der Strommarkt gerade gut funktioniert? Mit Strompreisen, die im Jahr 2024 in 457 Stunden negativ waren oder mit Preisspitzen, die am 26. Juni mit 2.325 Euro einen Höchststand erreichten? Als Monopolist mal eine Frage an die Fachleute: Sind das Anzeichen von Marktversagen oder – im Gegenteil – Belege für einen funktionierenden Markt, der sich der Transformation unseres Energiesystems anpasst und in diesem Anpassungsprozess immer deutlichere Allokationssignale sendet?
Nun ist der Strommarkt ein besonderer, weil hochregulierter Markt. Und er soll einiges leisten: Nach Energiewirtschaftsgesetz soll er nicht nur eine faire Preisbildung garantieren, sondern auch Bezahlbarkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit. Experten sprechen vom energiewirtschaftlichen Zieldreieck. Der Gesetzgeber setzt dabei eine Reihe von Leitplanken – von den Produktionskapazitäten über das Marktdesign bis zur Transportinfrastruktur. Aber kann es gut gehen, wenn wie gerade an all diesen Knöpfen schnell und gleichzeitig gedreht wird?
Ich möchte Sie gerne in den kommenden 45 Minuten mitnehmen auf die Besichtigungstour eines Marktes im Ausnahmezustand. Ich möchte mit Ihnen in die Ursachenforschung für die aktuellen Volten einsteigen. Und ich möchte Ihnen einen Lösungsraum skizzieren, zu dem, was der Markt braucht, um die Transformation des Energiesystems zu stützen.
I.
Über Jahrzehnte war die Energiewirtschaft ein beschaulicher Hort der Stabilität. Monopolwirtschaft eben. Bis Margaret Thatcher uns allen das gezeigt hat, was Institutionen wie das FIW schon lange gesagt haben: Man kann daraus auch einen Markt machen. Die EU-Kommission setzte dafür mit dem ersten Binnenmarktpaket in den 1990er-Jahren die Leitplanken. Und dann, am 28. April 1998, gab es den deutschen Liberalisierungs-Urknall. Von einem Tag auf den anderen wurde der deutsche Strommarkt geöffnet, und alle Kunden konnten ihren Versorger wechseln. Die Welt wurde bunt bzw. Strom gelb. Der sich entwickelnde Markt wurde institutionalisiert. Strombörsen, wie wir sie heute kennen, entstanden.
Und wo stehen wir heute, knapp 27 Jahre nach Inkraftsetzung des Strommarktes? Beginnen wir unsere Besichtigung bei einem zentralen Element: den Kapazitäten. Ein funktionierender Markt generiert aus sich selbst heraus die Produktionskapazitäten, die er braucht. Natürlich sind zum Beispiel in der Automobilindustrie Entscheidungen über Werksöffnungen und -schließungen auch politisch getrieben und beeinflusst. Am Ende hängen sie aber vom Erfolg oder Misserfolg der Produkte des jeweiligen Herstellers ab.
Wie sieht das im aktuellen Strommarkt aus? Kraftwerkskapazitäten von in Summe 49 GW wurden noch in der Monopolwirtschaft, also vor 1998, entschieden. Die erneuerbaren Energien mit ihrer Gesamtleistung von aktuell um 190 GW stehen zwar mit ihrer Erzeugung im Markt. Die Bauentscheidung aber basierte zum überwiegenden Teil auf den Subventionen des EEG. Um den CO2-Ausstoß zu senken, wollen wir die Kohlekraftwerke jetzt unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Perspektive politisch schnellstmöglich aus dem Markt genommen sehen. Dazu kommt die Entscheidung, aus der Kernkraft auszusteigen. Wie reagiert der Markt, wenn die Politik gesicherte Erzeugungskapazitäten reduziert? Und was passiert dann mit der Versorgungssicherheit, wenn zudem mangels konkreter Subventionsvorgaben der Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke auf sich warten lässt?
Erlauben Sie mir hier einen kleinen Schwenker zur Kernenergiedebatte aus der Sicht eines Praktikers. Zum einen, weil diese Frage wohl nirgends so emotional und zugleich so ideologisch diskutiert wird wie in Deutschland. Und zum anderen, weil uns die Diskrepanz zwischen der geführten Debatte und der erlebten Praxis einen Fingerzeig auf die tieferliegenden Themen der Organisation eines Strommarkts gibt.
Steigen wir mit zwei einfachen Fragen ein. Wann sind wir eigentlich aus der Kernenergie ausgestiegen? Und wann werden wir wieder in die Kernenergie einsteigen? Ich kann beide Fragen in gleicher Qualität beantworten.
Die Antwort auf die erste Frage nach dem Ausstieg scheint einfach: am 15. April 2023, als die letzten drei Blöcke – Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 – außer Betrieb gegangen sind. Aber ist das wirklich das Datum des Ausstiegs? Ich bin mir sicher, dass sich einige von Ihnen an das Hin und Her noch erinnern. Denn der 15. April 2023 sollte eigentlich der 31. Dezember 2022 sein. Wegen der Energiekrise nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine entschloss sich die Regierung jedoch, den Ausstiegstermin zu verschieben. Der ursprüngliche Beschluss des Bundestages für das 2022 geplante Ende der Kernenergie stammt wiederum vom 30. Juni 2011 und stand unter dem Eindruck der Katastrophe von Fukushima.
Aber ist der 30. Juni 2011 wirklich das Datum des Ausstiegs? Ich würde sagen nein, denn der Beschluss vom 30. Juni 2011 hat eigentlich die Laufzeitverlängerung von Anfang 2011 zurückgedreht. Fukushima hat also – zugespitzt formuliert – den Kernenergiekonsens der Bundesregierung mit den Kernkraftwerksbetreibern vom 14. Juni 2000 im Großen und Ganzen wieder in Kraft gesetzt.
Ist der 14. Juni 2000 also das Datum des Ausstiegs? Nicht, wenn man sich fragt, wie viele Kernkraftwerksprojekte denn damals gestoppt worden sind. Nämlich keines, weil es schon lange keines mehr gab! Ich würde es so formulieren: Der 2000er Kernenergiekonsens hat nur das Offensichtliche vollzogen. Wir befanden uns schon vorher auf einem Ausstiegspfad. Denn wenn eine Technologie nicht mehr nachgebaut wird, ist man faktisch auf einem Ausstiegspfad. Ich weiß nicht genau, wann das letzte Kernkraftwerksprojekt final beerdigt wurde. Aber nach dem 9. November 1982, dem Baustart von Neckarwestheim 2, wurde kein weiteres Projekt mehr begonnen. Irgendwo in diesem Zeitraum, Mitte der 1980er, liegt damit wohl das eigentliche Ende der deutschen Kernenergie.
Und in gleicher vager Qualität kann man auch das Einstiegsdatum für einen hypothetischen Wiedereinstieg benennen.
Die Strombranche in Deutschland ist nicht gerade berühmt für die Geschwindigkeit, in der sie Projekte umsetzt. Nehmen Sie nur unseren Alltag als Übertragungsnetzbetreiber: Bis vor kurzem dauerte es im Schnitt durch komplexe Genehmigungs- und Beteiligungsverfahren rund 15 bis 20 Jahre, bis eine neue Stromleitung fertig war. Immerhin hat es in den vergangenen drei Jahren diverse Beschleunigungen gegeben. So gehen wir davon aus, dass wir einige Erdkabel-Verbindungen, die die Nordsee-Windkraft mit dem Ruhrgebiet verbinden, in neun Jahren in Betrieb nehmen können.
Nun ist ein neues Kernkraftwerk ein komplexeres Projekt als eine Stromleitung. Gehen wir für ein neues Gedankenexperiment-Kernkraftwerk also davon aus, dass wir 15 Jahre für die Genehmigung brauchen. Dann müssen wir es aber noch bauen! Die EDF, der Weltkonzern der Kernenergie, hat für seinen neuen Block am Kernkraftwerk Flamanville 17 Jahre gebraucht. Sind wir optimistisch: Vielleicht können wir ja von den Bauerfahrungen profitieren. Sagen wir also 15 Jahre Bauzeit.
15 Jahre Genehmigung, 15 Jahre Bauzeit. Gesamtprojektzeit also 30 Jahre. Oder – um das Problem plastisch zu machen – sieben Bundestagswahlen, mindestens. Deshalb ist es unerheblich, dass es zurzeit vielleicht wieder eine leichte Mehrheit pro Kernenergie gibt. Denn eine Renaissance wird sie nur erfahren, wenn sich ein wirklich breiter und wirklich fester Konsens in der Gesellschaft bildet. Und insofern kann ich auch genau sagen, wann wir wieder ein Kernkraftwerk in Deutschland bauen werden: Wenn die Grünen an der Spitze der Bewegung für dieses Kernkraftwerk sind.
Vor diesem Hintergrund müssen wir uns fragen, was uns die Debatte um die Kernenergie mit Blick auf die akuten Fragen von Versorgungssicherheit und Klimaneutralität bringt. Ich sage: nichts! Sie lenkt nur ab. Denn ein Konsens ist nicht da und wird absehbar nicht erreicht. Und selbst wenn es ihn gäbe: Wie verlässlich wäre er? Die Geschichte zeigt, dass unser deutsches Verhältnis zur Kernenergie anlassgetrieben ist. Hinter den diskutierten Ausstiegsterminen standen die Kraftwerkskatastrophen von Tschernobyl und Fukushima. Und der Markt? Wird er einem neuen gesellschaftlichen Konsens pro Kernenergie trauen, selbst wenn er breit und kräftig ist? Ich gehe nicht davon aus! Das ist vielleicht ein Grund, warum wir weltweit kein Projekt zur Errichtung eines Kernkraftwerks sehen, das ohne umfassende Staatsgarantien läuft.
Kommen wir wieder zurück zur Frage, wie der Markt mit politischen Vorgaben zur Reduzierung von Kraftwerkskapazitäten umgeht. Neben dem Ausstieg aus der Kernenergie gibt es noch den aus der Kohle. Springen wir auch hier noch einmal ein bisschen zurück, so etwa 15 Jahre.
Es gab damals ein Land in Europa, das über 10 GW Kohlekraftwerke stillgelegt hat. Es passierte ohne größere Debatten, ohne Aufregung, ohne Ausgleichszahlungen. Und es passierte so schnell, dass das Land sogar ein Stilllegungsverbot für Kohlekraftwerke erlassen hat. Und jetzt meine Frage an Sie: Welches Land war das?
Es war Deutschland. 2010 gingen zahlreiche Kohlekraftwerke vom Netz, weil sie im Markt nicht mehr ihre Absatzmengen gefunden haben. Der Zubau der Erneuerbaren wurde immer spürbarer. Und ein Kohlekraftwerk kann gegen null Euro Grenzkosten einfach nicht konkurrieren. Weil so viele Kohlekraftwerke gleichzeitig aus dem Markt genommen werden sollten, stellte die Bundesregierung die Stilllegung seit 2012 sogar unter einen Genehmigungsvorbehalt. Da ich hier auf einer juristischen Konferenz bin, kurz das Eingeständnis, mit der Interpretation eines Genehmigungsvorbehalts als Verbot eine rhetorische Zuspitzung gemacht zu haben. Zusammenfassend können wir so oder so feststellen: Den ersten großen Kohleausstieg hat der Markt geliefert.
Und – erstaunlich, aber wahr – der Markt liefert weiter. Die Kohleverstromung ist auch seit 2012 kontinuierlich zurückgegangen, von gut 280 TWh im Jahr 2012 auf ca. 110 TWh im Jahr 2024. Zum Vergleich: Der Bruttostromverbrauch in Deutschland lag 2024 bei rund 512 TWh. Für die Umwelt eine wunderbare Erfolgsstory. Und wenn die Rahmenbedingungen gleichbleiben, wird sich daran auch nichts ändern. Die erneuerbare Erzeugung steigt weiter und die Kohle wird aus dem Markt gedrängt.
Spätestens hier müssen wir aber fragen, wie sich die Reduzierung von Produktionskapazitäten auf Versorgungssicherheit und Marktpreise auswirkt. Falls Sie in den vergangenen Monaten nicht die energiepolitischen Diskussionen verfolgt haben, darf ich Ihnen hier kurz zwei ungleiche Schwestern vorstellen: Dunkelflaute und Hellbrise. Letztere erscheint oft an Wochenenden oder Feiertagen im Frühling oder Frühsommer. Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen liefern dann in einigen Regionen so viel Strom, dass dieser weder verbraucht noch abtransportiert werden kann. Anders bei der Dunkelflaute. Sie ist häufig an kalten, trüben und windstillen Wochentagen zwischen Januar und März zu bewundern. Dann tragen Sonne und Wind kaum etwas zur Deckung des Strombedarfs bei.
Wie reagiert nun der Markt auf das Überangebot oder den Mangel an Strom? Er produziert Preisspitzen bzw. negative Strompreise. Negative Strompreise! Man könnte darüber philosophieren, ob es sich nicht um zwei Märkte handelt – einen für den Bezug und einen für die Vernichtung von elektrischer Energie. Ich sehe es als einen Markt und er liefert Preissignale – unmissverständliche Preissignale! Preissignale, die zu Anpassungen des Verbrauchs führen. Preissignale, die im Falle einer Hellbrise dazu führen, dass unser Strom nach ganz Europa exportiert wird. Und die im Fall einer Dunkelflaute zu Stromlieferungen aus ganz Europa führen. Uns mögen die Preissignale nicht gefallen, aber sie sind Ausdruck eines funktionierenden Marktes.
Sehen Sie diese Preissignale als Beleg für die Widersprüche deutscher Energiepolitik? Ich bin anderer Meinung. Die durch die negativen Preise induzierten Stromexporte zeigen, dass der europäische Verbund und der Markt funktionieren. Und die durch die in einigen Stunden hohen Preise angereizten Stromimporte symbolisieren Versorgungssicherheit und Marktoptimierung. Mehr nicht. Wir haben immer Stromhandel mit unseren Nachbarn betrieben. Und wenn man es unbedingt als politisches Signal werten will, dass wir Kernenergiestrom aus Frankreich importieren, dann verbirgt sich dahinter doch eher der Hinweis, dass ein gemeinsamer Markt auch eine gemeinsame Politik benötigt.
Der Markt leistet aber noch mehr. Denn seine Preise geben auch Signale zum Handeln: Wir haben einen unglaublichen Boom an Batterien. Ich schätze, dass deutschlandweit aktuell über 300 GW Batterien in der Projektpipeline sind. Auch wenn nicht alles umgesetzt wird: Die Projekte, die kommen, werden wir nicht alle ohne weiteres an unser Netz anschließen können. Denn das ist für eine Höchstlast von ca. 80 GW konzipiert und nicht für 300 GW!
Es spricht also alles bzw. zumindest sehr vieles für einen funktionierenden Markt. Der Markt gibt Preissignale. Er setzt Anreize, nach anderen, besseren Möglichkeiten zu suchen. Wenn die Entwicklungsrichtung also stimmt, warum lassen wir den Markt dann nicht weiterhin liefern und korrigieren nur minimalinvasiv? Bzw. einmal anders gefragt: Warum haben wir dann so Schwierigkeiten mit dem Marktprozess? Warum greifen wir immer wieder in den Strommarkt ein?
II.
Das Zusammenspiel Energiepolitik und Energiemarkt beschäftigt uns seit Jahr und Tag. Wie schauen beide Seiten aufeinander? Dass das „Primat der Politik“ gilt, ist bei allem Hadern mit der Politik ein doch weitgehend akzeptierter Grundsatz der Branche. Und umgekehrt? Akzeptiert die Politik den Markt als effiziente Organisationsform der Energiebranche?
Nach meinem Eindruck fremdeln Politik und Gesellschaft mit dem Energiemarkt. Man muss vorsichtig mit pauschalen Erklärungsansätzen sein, aber nach meiner Erfahrung entsteht das Fremdeln mit dem Markt aus drei großen Strömungen: Man hadert mit dem Gewinnstreben bei einem solch grundlegenden Gut wie Strom. Oft fehlt es an Verständnis für einen wirklich komplexen Markt. Und manchmal ist es einfach fehlendes Vertrauen, dass ein auf Kurzfristoptimierung ausgelegter Markt langfristige Ziele wie Versorgungssicherheit und Klimaneutralität erreichen kann. Und oft sind es auch Mischungen dieser drei Strömungen. Ich kann das nicht wissenschaftlich herleiten, aber ich kann Ihnen Praxisbeispiele geben.
Ich habe viele Jahre als Geschäftsführer eines Verteilnetzbetreibers gearbeitet. Wünsche nach der Rekommunalisierung von Anlagen standen für mich oft auf der Tagesordnung. Ich fand das immer hochspannend: Die Überzeugung vieler Kommunen, dass es wirklich nur dann richtig und gut wird, wenn man es selbst macht. Weil man sich dann auf die Bedarfe vor Ort konzentrieren kann. Und weil kein Gewinnstreben stört. Als Unternehmen, das seine Anlagengüter für diesen Traum aufgeben soll, standen wir vor der Herausforderung, mit der schmutzigen Wirklichkeit gegen das Blütenweiß des perfekten Traums zu argumentieren. Das ist immer undankbar bzw. unmöglich. Was doch überraschen muss, denn unsere Lebenserfahrung ist doch gerade nicht, dass öffentliche Strukturen und Staatsunternehmen flächendeckend besser funktionieren als privatwirtschaftlich orientierte. Woher kommt dann aber der Wunsch, den Markt aus dem Spiel zu nehmen?
Ein weiteres Praxisbeispiel speziell für dieses fehlende Marktverständnis ist der irreführende Begriff „Energy-Only-Markt“. Die Preise werden ausschließlich in Euro pro Megawattstunde notiert. Was dabei regelmäßig übersehen wird: Das ist kein beliebiges „h“ in „MWh“, das ist keine beliebige Stunde. An den Strombörsen wird eine Megawattstunde immer auf einen exakt definierten Zeitraum bezogen. An den Tagesauktionen gibt es unterschiedliche Preise für genau jede Stunde des Folgetages. Das Jahresprodukt an den Terminbörsen ist eine Stromlieferung im Band für jede Stunde des jeweils gehandelten Jahres. Es sind also 8.760 Stunden mit dem jeweils notierten Preis. Hinter jeder Preisnotierung in Euro pro MWh steht immer ein genau definierter Zeitpunkt oder Zeitraum. Und für diesen Zeitbezug ist es „energy guaranteed“, nicht „energy only“. Unsere Marktpreise enthalten also sehr wohl eine Kapazitätskomponente. Das wird regelmäßig übersehen, weil die impliziten Leistungspreise nicht notiert werden und sich „energy only“ als Problembeschreibung so schön griffig anhört.
Die Komplexität ist es wohl auch, die das Vertrauen erschwert, dass der Markt langfristige Ziele liefern kann. Ein plakatives Beispiel dafür ist aus meiner Sicht der Kohleausstieg, der vom Markt doch bisher – ich hatte es aufgezeigt – recht erfolgreich umgesetzt wurde. Trotzdem gab es darum eine veritable gesellschaftliche und politische Debatte. Da man aber dem marktbasierten Kohleausstieg nicht traut, obwohl er vor unseren Augen stattfindet, muss man über die harte Stilllegung von Kraftwerken gehen. Im Kohlekompromiss bis 2038, im Ampelziel eines Ausstiegs bis 2030 – wenn möglich. Hinter beidem verbirgt sich letztlich eine Umdefinition des Ziels. Es geht nicht mehr um die möglichst schnelle Reduktion der Kohleverstromung auf null, sondern um die möglichst schnelle Stilllegung von Kohlekraftwerken. Diese Umdefinition nimmt dem System aber die Flexibilität, sich anzupassen. Ein Kohlekraftwerk, das nur noch 200 Stunden im Jahr läuft, ist klimatechnisch ein deutlich kleineres Problem. Wenn das Kraftwerk aber mit diesen 200 Stunden sein Geld für das ganze Jahr verdient, dann wird man es wohl für die Versorgungssicherheit noch brauchen. Fehlendes Vertrauen in den Markt wird hier zur selbsterfüllenden Prophezeiung: Weil man dem Markt nicht traut, nimmt man ihm die Möglichkeiten zu zeigen, dass er liefern kann.
Auch an unserer Debatte zur Kraftwerksstrategie kann man die sich selbsterfüllende Prophezeiung des Marktmisstrauens beobachten. Ziel war eine Kraftwerksstrategie, die neue, wasserstofffähige Gaskraftwerken anreizen soll, damit die wegfallenden Kohlekraftwerke versorgungssicher ersetzt werden können. Mit der Ansage, dass es für Neubauprojekte Subventionen geben wird, ist der Anreiz sehr gering geworden, sich vorher im Markt mit einem Projekt zu platzieren. Man hält seine Projekte lieber bedeckt und wartet, welche Ausschreibungen und Subventionsmöglichkeiten bzw. -chancen kommen werden.
Und was ist die Konsequenz aus diesen Beobachtungen? Sollten wir der Politik empfehlen, so weiterzumachen und den Markt zu ersetzen, wo wir den Pfad doch schon eingeschlagen haben? Auch heute hilft es bisweilen, sich auf die Lehren einiger „Urväter und -mütter der Wettbewerbsweisen“ zu besinnen. Nehmen wir Schumpeter, der den Marktprozess als schöpferische Zerstörung beschrieb. Beide Worte sind wichtig: schöpferisch und Zerstörung. Auch wenn es martialisch klingt, so fällt uns in der Energiepolitik die „Zerstörung“ leicht. Wir wissen, was wir nicht wollen: Kernenergie, Kohle bzw. überhaupt fossile Energieträger. Und wir wollen auch keine neuen Leitungen oder Windräder im eigenen Umfeld.
Und was kommt stattdessen? Wo kommt die schöpferische Seite? Offensichtlich fällt es uns in den Debatten schwer, uns hier auf einen konstruktiven Impuls zu einigen. Die bittere Wahrheit ist aber eher, dass wir es nicht wissen. Wir können es auch nicht wissen, welche „schöpferische Seite“ die zukünftige Energiewelt bestimmen wird – trotz aller Analysen. Die Zukunft ist und bleibt leider immer ungewiss. Ist Wasserstoff ein zentraler Baustein der zukünftigen Energieversorgung? Ich will es nicht ausschließen. Aber ich weiß es nicht. Wer kann mir einen Preis für Wasserstoff für 2045 nennen? Und die Batterien? Keiner von uns hat vor drei Jahren diesen Boom vorhergesagt. Was sie letztendlich bewirken werden, das habe ich in meinem Kopf noch nicht sortiert und in meinen Diskussionen merke ich, dass ich damit nicht allein bin.
Klar ist: Für Schumpeter gingen Zerstörung und Schöpfung nur Hand in Hand. Das Bessere ist der Feind des Guten. Und die Politik wird diese beiden Rollen des Marktes nur schwerlich übernehmen können. Daher sollte man unbedingt Vorsicht walten lassen.
Trotzdem wäre es naiv, der Politik eine totale Zurückhaltung anzuraten. Ganz einfach, weil der Regelgeber sich nicht binden kann. Die Regel, nicht einzugreifen, kann ja auch wieder geändert werden. Jede Politik kann angepasst werden. Und mit Bauzeiten von 10 bis 20 Jahren und Betriebszeiten von 40, 50 oder mehr Jahren, muss man schon sehr viel Vertrauen aufbringen, dass eine einmal gegebene Nicht-Einmischungszusage über so einen langen Zeitraum stabil bleibt. Aus meiner Sicht braucht ein Zusammenspiel von Energiemarkt und Energiepolitik eine gegenseitige Akzeptanz. Die Akzeptanz, dass der Markt eine effiziente und sehr gute Organisationsform ist, der man sehr weitgehend vertrauen kann. Die Akzeptanz, dass die Energiepolitik immer mitreden wird, wenn es um wichtige langfristige Fragen von Versorgungssicherheit und Klimaneutralität geht. Es ist nicht die Frage, sich für eine Seite zu entscheiden. Die wahre Herausforderung ist, die beiden Seiten in einen vernünftigen Ausgleich zu bringen.
III.
Und damit lassen Sie uns nach der ernüchternden Besichtigungstour nach vorne blicken. Es nützt ja nichts, Trübsal zu blasen über mangelndes Marktvertrauen. Zumal die Energiewirtschaft und die Klimaneutralität schneller Antworten brauchen, als eine grundlegende Änderung der allgemeinen Einstellung zu Markt und Wettbewerb wohl dauern würde. Was ist also zu tun? Die Frage stellt sich heute, Anfang März 2025, noch einmal konkreter – auch für eine neue Bundesregierung.
Beginnen wir zunächst mit den akuten „Kleinigkeiten“. Im Monopolbereich, also im marktfernen Bereich, wäre da zum Beispiel eine grundlegende Netzentgeltreform. Aktuell kranken die Netzentgelte daran, dass die Verursachungsgerechtigkeit verloren gegangen ist. Weiterhin kämpfen wir mit dem Widerspruch, dass die Netzentgelte primär eine Finanzierungsfunktion für das Netz haben, wir ihnen aber zusätzlich eine Lenkungsfunktion für die Energiewende angedeihen lassen wollen.
Die Kraftwerksstrategie muss neu aufgelegt werden, sicher. Aber alles andere als eine „Kleinigkeit“ ist in diesem Kontext eigentlich die Reservestrategie. Nicht eine Kraftwerksstrategie, sondern eine Kraftwerksreservestrategie. Das durchschnittliche Alter unserer Reservekraftwerke ist 44 Jahre. Wenn wir die gerade neugebauten besonderen netztechnischen Betriebsmittel – man muss diese juristische Nomenklatur für Kraftwerke einfach lieben – herausrechnet, sogar 45 Jahre. Diese Kraftwerke haben eine Perspektive teilweise bis Ende 2026, überwiegend bis 2031. Wir sollten der Tatsache ins Auge sehen, dass wir diese Kraftwerke länger brauchen werden. Und wir sollten dabei die Diskussion über die notwendige langfristige Perspektive für Reserven nicht als Diskussion über Erfolg oder Misserfolg von Kohleausstieg und Kraftwerksstrategie sehen. Es ist eine Absicherung oder Versicherung. Keiner schließt eine Gebäudeversicherung ab, weil er sicher davon ausgeht, dass sein Haus abbrennt. Und keiner weint, wenn er die Gebäudeversicherung nicht nutzen musste.
Wir können aber nicht bei den „Kleinigkeiten“ aufhören. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine belastbare, nachhaltige Weichenstellung für die Energiewirtschaft brauchen. Einen gesamtgesellschaftlichen Energievertrag, mit dem wir dann wirklich wieder das Zusammenspiel von Markt und Politik organisieren. Warum ist das nötig?
Ganz einfach, weil wir nicht alle vier Jahre unsere Energiepolitik, die die Grundlage für den Strommarkt bildet, umwerfen können. Wir können nicht alle vier Jahre die Rahmenbedingungen und Vorgaben für den Markt ändern. Nicht bei den Investitionszyklen. Nicht bei der Bedeutung des Strommarkts für unsere Volkswirtschaft.
Ein weiteres Beispiel: Die Ampelregierung hat nicht nur die Ziele in Bezug auf die Klimaneutralität im Strombereich noch einmal wesentlich verschärft, sondern als neues Ziel noch bis 2045 die Energieautarkie hinzugefügt. Das sind aber zwei Wenden auf einmal – und damit eine zu viel. Aus meiner Sicht sollte der Fokus auf der Klimaneutralität liegen. Ich vermute, die kommende Bundesregierung wird hier Anpassungen vornehmen, und hoffe, dass es die darauffolgende nicht wieder tut. Denn auf einem wackligen Fundament können wir keine klimaneutrale und langfristig effiziente, versorgungssichere Energiewirtschaft errichten.
Daher ist meine größte Hoffnung und auch Erwartung an die nächste Regierungskoalition, dass sie eine nachhaltig stabile und grundsätzliche Ausrichtung setzt. Eine, die mehrere Legislaturperioden überdauern kann. Konkret wünsche ich mir einen gesamtgesellschaftlichen Vertrag, in dem wir parteienübergreifend eine langfristige Perspektive für die Energiepolitik gestalten und sie den Unsicherheiten von Bundestagswahlen und Regierungswechseln entziehen. Zugleich reduzieren wir mit so einem gesamtgesellschaftlichen Energievertrag das politische Risiko. Und jeder, der im Markt ist, weiß: Risiko kostet Geld. Risikoreduktion spart Geld.
Wahrscheinlich halten Sie mich für einen Träumer und wenden ein, dass das nie gelingen wird. Da möchte ich Ihnen jedoch als Pragmatiker und Optimist widersprechen. Mir ist klar, dass man sich für so einen gesamtgesellschaftlichen Energievertrag streiten muss. Dass man Kompromisse schließen muss. Und dass jeder wird über seinen Schatten springen müssen. Aber ich glaube, dass bei genauem Hinsehen einige Konfliktlinien vielleicht gar nicht so groß oder gar nicht vorhanden sind. Lassen Sie mich Ihnen hierfür sechs Beispiele geben:
Beispiel 1: Marktorientierung
Ich bin überzeugt, dass wir uns am Ende alle hinter dem Ziel einer marktorientierten Energieversorgung versammeln können. Dieses Vertrauen in den Markt wird uns leichter fallen, wenn wir die Erwartungen klarer definieren, was der Markt liefern soll.
Beispiel 2: Klimaneutralität
Dass der Klimawandel stattfindet und die Menschheit bedroht, ist ein wissenschaftliches Faktum. Das Erreichen der Klimaneutralität ist immer noch ein breiter Konsens in der Gesellschaft, bei allem Streit über Ausprägung und Vorgehen.
Beispiel 3: Klimaneutralität und Wohlstand
Die Debatte um Klimaneutralität gemäß dem europäischen Ziel 2050 oder doch schon 2045 kann ja mit orthodoxer Leidenschaft geführt werden. Mich fasziniert das, denn die Anspannung und der Druck zur Umsetzung ist für 2045 und 2050 identisch – wer glaubt, die Volkswirtschaft über 20 Jahre so genau aussteuern zu können, lügt sich in die Tasche. Die wahre Frage ist aber eine andere: Sind wir bereit, unsere wirtschaftliche Stabilität und unseren Wohlstand zu riskieren, um fünf Jahre früher klimaneutral zu sein? Aus meiner Sicht ist es wichtig, sich ein glaubwürdiges Ziel zu setzen, das die Wirtschaft fordert, aber nicht überfordert. Auch hierbei – so meine Überzeugung – lässt sich ein Konsens finden. Und vor allem: Wir werden der Welt nur dann ein überzeugendes Beispiel sein, wenn wir in der Praxis – und nicht in PowerPoint – zeigen, dass Klimaneutralität und Wohlstand gute Geschwister sind.
Beispiel 4: Kein Ausstieg ohne Einstieg
Der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern ist absolut notwendig. Aber: Ziel ist die Kohleverbrennung zu reduzieren und am Ende zu vermeiden. Ziel ist nicht, Kohlekraftwerke einfach abzuschalten. Am Ende wird immer die Versorgungssicherheit im Vordergrund stehen. Und mit dem Blickwinkel Versorgungssicherheit wird man auch hierbei eine gemeinsame Basis finden.
Beispiel 5: Festhalten am Kernenergieausstieg
Ich habe es erläutert: Ein Wiedereinstieg kostet Jahrzehnte und hat damit keine Praxisrelevanz für das, was vor uns liegt. Und wir werden keinen tragfähigen gesamtgesellschaftlichen Konsens für die Kernenergie bekommen. Akzeptieren wir das.
Beispiel 6: Technologie und Innovation
Technologieoffenheit ist ein Zauberwort, wird aber auch viel zu oft als Deckmantel fürs Nichtstun missbraucht. Trotzdem: Die Zukunft ist unsicher. Wir können nicht davon ausgehen, die Welt im Jahr 2045 bereits heute zu kennen. Das sollten wir mit Demut anerkennen und das sollte unser Denken treiben.
Nehmen Sie meine Punkte nicht als Eckpunkte für einen gesamtgesellschaftlichen Energievertrag, sondern als Fingerzeig für die Aufgabenfelder, auf denen aus meiner Sicht eine Einigung notwendig und möglich ist. In einigen Punkten wird uns diese Einigung vielleicht gar nicht schwerfallen. Das Einigungspotential ist meiner Einschätzung noch größer, wenn die Energiepolitik ihre Grenzen akzeptiert – oder anders gesagt: den Markt wirken lässt und nur da eingreift, wo es wirklich nötig ist. Die Förderung von Erneuerbaren ist heute viel weniger notwendig. Dem aktuellen PV-Wachstum liegt beispielsweise kein neues Förderprogramm mehr zugrunde. Aber: Wir wissen heute nicht, wie viele Balkon-PV-Anlagen es mittlerweile in Deutschland gibt. Wir müssen dringend Marktregeln für Batterien definieren und dabei im Blick behalten, dass die vielen Haushalte, die sich mittlerweile und absehbar Batterien in den Keller stellen, diese sicher ganz individuell optimieren werden. Es gibt also in der Energiepolitik auch einen ganz großen Bereich, über den man nicht streiten muss, weil er sich verselbständigt hat.
Und zum Schluss will ich es hier noch ganz groß machen. Letztlich brauchen wir einen Konsens auch für ganz Europa. Wenn die Skandinavier sich über eine Hochpreisphase beschweren, die eine deutsche Dunkelflaute in ihr Netz trägt, so ist das eine Beschwerde über die deutsche Energiepolitik. Man mag das sehen, wie man will, aber über die niedrigen Preise einer Hellbrise beschwert sich in der Regel keiner. Am Ende zeigt das nur, dass die deutschen energiepolitischen Ziele nicht geteilt werden. Ein gemeinsamer europäischer Markt braucht eine gemeinsame europäische Politik. Wir kennen das vom Warenaustausch. Wir diskutieren das im Finanzbereich. Warum sollte das eigentlich bei Energie anders sein?
Die Marktwirtschaft – die wettbewerbliche Organisation unseres Wirtschaftslebens – braucht einen gesamtgesellschaftlichen Konsens. Gerade darum war und ist die soziale Marktwirtschaft so erfolgreich. Für die Energiepolitik gilt das ebenso. Denn nur auf der Basis eines gemeinsamen Konsenses schaffen wir eine zukunftsfähige, stabile, klimaneutrale und effiziente Energiewirtschaft.
Dr. Christoph Müller
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