Von Strompreisen und Big Macs

17.09.2019 | Auch hier zu finden im Web

Strompreis

Regelmäßig führt die EU einen europäischen Strompreisvergleich durch. In diesem sieht Deutschland bzw. sehen die deutschen Stromversorger schlecht aus (siehe beispielsweise Handelsblatt 13.9.2019, Seite 47). In den Anfängen dieser Strompreisvergleiche gab es noch viele Diskussionen, ob diese handwerklich bzw. sachlich richtig seien, insbesondere wenn es um den von den Versorgern zu verantwortenden Teil des Strompreises ging. Anfänglich wurde nämlich bei der Bereinigung um Steuern und Abgaben die EEG-Umlage nicht berücksichtigt. Denn – so die an sich ja nachvollziehbare Logik – das im Rahmen des EEG gewälzte Geld geht niemals durch die Hände des Staates und ist daher kein Steuer- oder Abgabenanteil im Strompreis. Aus Sicht der Kunden, denen mit Blick auf ihren Geldbeutel ja schon die Differenzierung zwischen Steuern und Abgaben herzlich egal ist, ist aber auch die EEG-Umlage dem staatlich induzierten Teil des Strompreises zuzuordnen.

Mittlerweile wird das zwar so gehandhabt, und der den deutschen Energieversorgern zuzurechnende Anteil des Strompreises ist nur noch etwas weniger als die Hälfte des gesamten Strompreises. Trotzdem steht Deutschland im europäischen Vergleich immer noch nicht besonders gut da. Man ist zwar nicht mehr mit Dänemark zusammen einsamer Preisspitzenreiter, aber immer noch bei den Ländern dabei, bei denen Strom spürbar teurer ist als im übrigen Europa.

Strom zeichnet sich dadurch aus, dass es ein perfekt homogenes Gut ist. Dem Ladegerät eines Iphones ist es komplett egal, ob der Strom in Paris, Krakau oder Strümpfelbach aus der Steckdose gezogen wird. Aus dem Grund erwarten wohl viele Menschen auch, dass sich der Strompreis nicht groß unterscheiden sollte. Dies ist jedoch ein Trugschluss. Nehmen wir als Vergleich das Hotelzimmer, in dem das Ladegerät liegt. Hier ist jedem klar, dass, gleiche Qualität unterstellt (also eigentlich auch ein homogenes Gut), eine Nacht in Paris deutlich teuer ist als in Strümpfelbach oder Krakau. Dies ganz einfach, weil Mieten, Lohnkosten und überhaupt das ganze Preisumfeld in Paris teurer sind.

In der Volkswirtschaftslehre betrachtet man diesen Sachverhalt unter dem Oberbegriff der „Kaufkraftparitätentheorie“ – ein Euro hat in Paris einfach weniger Kaufkraft als in Strümpfelbach. Eine nette Art, Kaufkraft zu vergleichen, ist der Big-Mac-Index, den das Magazin „The Economist“ (nach meiner Überzeugung das beste Blatt der freien Welt) seit 1986 veröffentlicht. Der Big Mac ist ein durchstandardisiertes Produkt, trotzdem kostet er selbst im Euro-Raum nicht überall gleich viel - in Deutschland beispielsweise 4,14 Euro, in Griechenland 3,30 Euro. Auch wenn Fleisch und Brötchen großtechnisch, aber regional, produziert werden, sorgen die strengen Qualitätsstandards von McDonald’s dafür, dass eine Vergleichbarkeit gegeben ist. Und die einzelnen Franchise-Nehmer von McDonald’s-Restaurants müssen sich auch mit den lokalen Kostenstrukturen auseinandersetzen.

Insofern: Wie sieht denn der Strompreisvergleich aus, wenn man ihn mit den Preisverhältnissen von Big Macs in den einzelnen europäischen Ländern umrechnet? Dies zeigt die folgende Abbildung (Quelle: Eurostat, The Economist, eigene Berechnungen):

In Big Macs ausgedrückt ist der deutsche Strompreis im europäischen Preisvergleich durchaus kompetitiv. Deutschland steht nur noch auf Rang 17 von 26 – immer noch nicht bei den günstigsten, aber deutlich weniger „hochpreisauffällig“ als in den einfachen nominalen Vergleichen.

Der Strompreis ist für viele eine abstrakte Zahl – kaum jemand weiß, wie lange eine Kilowattstunde reicht! Was verbraucht eigentlich wie viel? Solche realwirtschaftlichen Bezüge wie das Umrechnen in Big Macs helfen, den Strompreis besser einordnen zu können. Dass die Lebenshaltungskosten in Deutschland höher sind als in vielen anderen europäischen Ländern ist jedem klar. Dies wirkt auch auf die Kostenstrukturen von Unternehmen und eben auch auf die Kostenstrukturen von Stromversorgern und damit auf die Strompreise. Die Betrachtung in Big Macs ist vielleicht nicht die wissenschaftlichste Herangehensweise (obwohl der Big-Mac-Index des The Economist in der volkswirtschaftlichen Theorie durchaus ernst genommen wird), zeigt aber, dass faire Strompreisvergleiche etwas komplexer sind als nur Zahlen nebeneinander zu legen. Die deutschen Stromversorger stehen nicht schlecht da.

Der konkreteste realwirtschaftliche Bezug ist für mich immer noch, wie lange man für eine Kilowattstunde arbeiten muss. Dass man aktuell nur ca. 30 Sekunden für die EVUs je Kilowattstunde arbeiten muss (allerdings noch einmal etwas mehr als 30 Sekunden für den Staat), ist eine der großen unerzählten Erfolgsgeschichten der deutschen Energiewirtschaft – Anfang der 1970er Jahre waren es nämlich noch mehr als eine Minute zehn Sekunden (siehe hier). Einen Big Mac essen dauert länger.

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