Und täglich wechselt das Murmeltier

31.01.2019 | Auch hier zu finden im Web

Operations
Markt

Ein (kleines) Schreckgespenst für die Netzbetreiber ist der Lieferantenwechsel in drei Wochen oder - bis ans Ende gedacht – sogar innerhalb eines Tages. Den Netzbetreibern wird dann gerne der Telekommunikationsmarkt vorgehalten, in dem man mit Vorwahlnummern sogar von Gespräch zu Gespräch den Anbieter wechseln kann. Und es ist in einer Zeit der zunehmend sich durchdigitalisierenden Wirtschaft auch schwer zu argumentieren, warum ein Lieferantenwechsel wirklich nur dann funktionieren kann, wenn er gut sechs Wochen Vorlauf hat. Dies ist auch den Netzbetreibern klar. Gerade die Netzbetreiber sehen aber andererseits auch, dass die ganze Branche kollektiv in einem Rhythmus tickt, in dem man sich eben die Zeit nimmt.

Der Stromwirtschaft stehen hier gewaltige IT-Investitionen ins Haus, denn langfristig wird man hier auf kurzzeitigere Taktungen kommen (müssen!). Allerdings sollten die Netzbetreiber mit Blick auf diese Herausforderung hier nicht alleine aufmerksam sein. Es ist ein kollektives Thema der Branche – auch die Lieferanten haben die GPKE-Regeln und ihre Fristen tief in ihren IT-Systemen und Abwicklungsprozessen etabliert. Im Übrigen könnten die Netzbetreiber durchaus heute schon den Lieferantenwechsel innerhalb einer Zeit von 24 Stunden umsetzen. Ein Wechsel, bei dem alles geklärt ist – die Daten sind ordentlich und sauber erfasst, der Kunde darf auch tatsächlich zum angegebenen Datum wechseln – läuft schlank und schnell durch die IT-Systeme beim Netzbetreiber und bei den beteiligten Lieferanten. Ein Tag? Kein Problem! Stellt sich dann nur die Frage, warum klappt das nicht immer?

Als Netzbetreiber hat man darauf eine Antwort. Es gibt diverse Gründe, warum Lieferantenwechsel scheitern. Die Abbildung zeigt sie in einer Übersicht für die Jahre 2016 bis 2018 bei der Netze BW.

In den allermeisten Fällen, gut 80 % der gescheiterten Lieferantenwechsel, sind sich die Lieferanten nicht einig. Der Netzbetreiber nimmt die Anmeldung vom neuen Lieferanten auf, gibt sie an den alten Lieferanten weiter und der widerspricht, weil er glaubt, ein noch unkündbares Lieferantenverhältnis mit dem Kunden zu haben. Der Netzbetreiber ist hier nur der Überbringer der schlechten Nachrichten von Problemen auf der Lieferantenseite. In den IT-Systemen des Netzbetreibers funktioniert das alles reibungslos, und letztlich kann, entsprechend schnelle Rückmeldung der Lieferanten vorausgesetzt, auch die schlechte Nachricht an einem Tag abgewickelt bzw. überbracht werden.

Für Netzbetreiber wie Netze BW ist die Situation nicht gerade erfreulich – unterm Strich scheiterte bei der Netze BW jeder sechste Lieferantenwechsel – und sicher ging auch immer wieder einmal etwas in unseren IT-Systemen schief. Für die Kunden entstehen in der unbundelten Energiewelt hier manchmal fast schon kafkaeske Situationen. Der alte Lieferant lehnt den Wechsel ab, der Netzbetreiber teilt dies dem neuen Lieferanten mit, der dies wiederum dem Kunden mitteilt. Typischerweise nur mit „Der Netzbetreiber hat den Wechsel abgelehnt.“ Hier der Buhmann für Probleme zu sein, die zu weitesten Teilen zwischen zwei Lieferanten liegen, ist für Netzbetreiber nicht erquicklich. Vielleicht sollten die Lieferanten hier einfach mutiger werden und direkter mit ihrem Kunden kommunizieren: zum Beispiel könnte der gescheiterte neue Lieferant den konkreten Grund der Ablehnung nennen, oder der Alt-Lieferant könnte seinem auf dem Sprung befindlichen Kunden informieren, wenn er einen Wechsel abgelehnt hat. Vielleicht liegt ja für die Netzbetreiber letztlich auch eine Chance im täglichen Lieferantenwechsel – man kann es ja gleich morgen noch einmal versuchen … denn vor dem Hintergrund der Einführung einer dritten Marktrolle des Messstellenbetreibers neben Lieferant und Netzbetreiber sollten die Kunden vor allem auf ein Recht pochen: von den Abwicklungsproblemen der unbundelten Energiewelt verschont zu bleiben.

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