Natürlich kommt Strom aus der Steckdose – eine Einordnung der Steuerung von Haushaltskunden

06.03.2023 | Auch hier zu finden im Web

14a
Elektromobilität
Regulierung
Verteilnetze

Die öffentliche Debatte um den Ausbau der #Elektromobilität und die Stromversorgung hat in Teilen unsachliche und emotional irreführende Facetten. Das Szenario in den Diskussionsrunden soll ja so aussehen, dass Menschen wie Harald B. nach der Arbeit mit der letzten Wattsekunde in der Batterie gerade so nach Hause kommen, nicht mehr laden können, keinen Strom mehr für warmes Essen haben und selbst im Notfall ihre Verwandten nicht im Krankenhaus besuchen können. Und das alles nur, weil sie einen "#14a-Vertrag" bei ihrem Netzbetreiber unterschrieben haben, der sie dann komplett abgeregelt hat.

So pittoresk und so konkret wurde mir das schon von einem Regierungsvertreter in einer Diskussionsrunde vorgehalten. Netzbetreibern fällt es schwer, mit diesen Fantasie-Szenarien umzugehen. Weil sie aus Unkenntnis der Sachlage Ängste spiegeln, die schlicht falsch sind – ja sogar mitunter grotesk erscheinen. Seit mehr als hundert Jahren bringen wir verlässlich und umfassend Strom in alle Haushalte. „Strom kommt aus der Steckdose“ ist ein geflügeltes Wort, dass sich aus dieser Zuverlässigkeit entwickelt hat. Und für die werden die deutschen Verteilnetzbetreiber auch weiter sorgen.

Wenn sich Strukturbrüche abzeichnen, sind Veränderungen notwendig, um Bewährtes zu erhalten: zum Beispiel eben den allzeitigen Strom aus der Steckdose. Im Haushaltsstrombereich ist die Elektromobilität ein solcher Strukturbruch. Fakt ist: An einer Ortnetzstation im #Stromverteilnetz, von der vielleicht 200 Haushalte aus versorgt werden, ist der einzelne Haushalt derzeit mit ca. 2 kW abgesichert – das entspricht dem Strombedarf eines Wasserkochers. Das ist völlig ausreichend, weil nicht alle 200 Haushalte gleichzeitig Wasser kochen, gleichzeitig die Haare föhnen oder gleichzeitig staubsaugen. Die Elektromobilität ändert das. Zum einen, weil eine #Wallbox einen deutlich höheren Leistungsbezug hat. Der kann 11 kW oder sogar mehr betragen. Zum anderen besteht die Sorge, dass aufgrund der langen Ladezeiten viele Elektroautos abends nach der Arbeit gleichzeitig laden (der sogenannte „Homecoming-Effekt“).

Das Problem ist klar, die Lösungen sind es ebenso: Von den Regulierungsbehörden braucht es eine Festlegung, die es den Netzbetreibern erlaubt, den Leistungsbezug zu regulieren, um Überlastungen des Netzes zu vermeiden. Außerdem muss das Ortsnetz, die letzte Meile in der Stromversorgung, ausgebaut und ertüchtigt werden. Das kostet Geld und Zeit. Die Netzbetreiber sind zu diesem #Netzausbau bereit und auch fähig, ihn umzusetzen. Wir brauchen dazu wirtschaftlich stimmige Rahmenbedingungen, mehr Fachkräfte und schnellere Genehmigungen. Dass Fachkräfte zum Engpass werden, sehen wir kommen. Dass Genehmigungen schon ein Engpass sind, erleben wir als Netzbetreiber täglich aufs Neue.

Vor diesem Hintergrund lässt sich die Geschichte von Harald B. auch realistischer erzählen: Harald B. schaut auf die Straße. Die wird gerade aufgerissen, weil der Netzbetreiber das Netz ertüchtigt. Harald B. versteht das. Denn er hat morgens auf seinem Handy schon öfters bemerkt, dass die Ladezeit seines Elektroautos über die Nacht zwei Stunden länger gedauert hat als normal. Neulich allerdings hat er sich geärgert: Da war die Batterie morgens nur zu 40 % geladen. Der Grund: Sein Stromlieferant, die Voltstrom Deutschland AG, hat ihn abgeregelt. Denn der Strom war über die Nacht zu teuer gewesen und die Voltstrom Deutschland AG hatte die Strombelieferung optimiert.

Wer bei der Steuerung durch den Netzbetreiber an den wegzupuffernden Strom einer Starkwindfront oder die Überbrückung einer Windflaute denkt, macht einen Fehler: Er hat eine Marktoptimierung im Kopf, bei der die Lieferanten den Strombezug der Kunden steuern, nicht die Netzbetreiber. Und in so einem Szenario wäre noch mehr Netzausbau notwendig. Denn bei einer zentral von Lieferanten gesteuerten Wallboxnutzung in den Haushalten ergeben sich zwangsläufig deutlich höhere Gleichzeitigkeiten, als wenn die Kunden einfach laden, wie sie eben wollen und erst recht als bei einer Steuerung durch den Netzbetreiber.

Für Zwischenzeiten wollen Netzbetreiber tatsächlich auch auf die Steuerung zugreifen. Falls nämlich die Zahl der Wallboxen schneller steigt, als der notwendige Netzausbau vorankommt. Nur so können bis zur Fertigstellung des Netzausbaus versorgungssicher möglichst viele Elektroautos angeschlossen werden. Denn eines ist wichtig: Der Strom muss weiter zuverlässig aus der Steckdose kommen. Dafür stehen die deutschen Netzbetreiber ein und daran arbeiten sie jeden Tag.

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