Die Netze BW wird 2021 die Klimaneutralität erreichen

30.11.2021 | Auch hier zu finden im Web

Verteilnetze
Klimawandel
Netze BW

Foto: Stefan Karl / Wikimedia Commons (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wegtafel_Westweg_Basel.JPG)

Wir haben heute die Pressemeldung herausgegeben, dass die Netze BW GmbH 2021 die Klimaneutralität erreichen wird. Erst einmal: Ich habe mich über die Erreichung dieses Ziels, das wir uns selbst gesteckt haben, sehr gefreut! Aber: Auch wenn es sich sehr absolut anhört („Klimaneutralität erreicht!“), so ist es nur ein erster Schritt auf einem langen Weg. Doch wenn man den Westweg von Pforzheim nach Basel wandert – um im Versorgungsgebiet der Netze BW GmbH zu bleiben –, kann man sich schon mal freuen, wenn man den Feldberg erreicht hat. Und auf dem Feldberg stehend hat man eine gute Übersicht über das, was noch vor einem liegt. Und bis Basel ist das eine ganze Menge.

Erst einmal sind wir nur Scope 1 und Scope 2 klimaneutral, Scope 3 ist in weitesten Teilen noch offen (Dienstreisen haben wir mitberücksichtigt, aber das war nicht viel – schon gar nicht in 2021). Das liegt ganz einfach daran, dass die Erfassung von Emissionen im Scope 3, also die Emissionen unserer Dienstleister, nicht so einfach ist und Zusammen- bzw. Mitarbeit benötigt. Auch konzeptionell zeigt sich gerade bei Scope 3, dass da noch viele Diskussionen zu führen sind. Wir haben daher zusammen mit KPMG und einigen weiteren Netzbetreibern einen ersten Aufschlag erstellt, wie wir uns eine „Klimabilanzierung“ für Verteilnetzbetreiber vorstellen. Einer breiteren Fachöffentlichkeit werden wir die schriftlichen Ergebnisse dieser Überlegungen in einer (digitalen) Veranstaltung am 10. Dezember 2021 vorstellen, zu der man sich hier anmelden kann (Anmeldung zur Veranstaltung "Klimaneutraler Verteilnetzbetreiber in der Kommune"). Auch dieses Dokument ist ein Anfang, nicht das Ende – die Bilanzierungsregeln des IFRS sind ja auch nicht in einem Quartal geschrieben worden. Aber wenn man in eine Diskussion gehen will, dann muss man sie anstoßen. Diesen Anstoß haben wir gegeben und wir treiben unsere Arbeiten, inhaltlich wie konkret, an Scope 3 weiter.

Eine echte Überraschung war für mich, dass wir bei der wichtigsten Maßnahme zur Erreichung von Klimaneutralität in ein de-facto Verbot gelaufen sind. Die Netze BW GmbH „verbraucht“ in ihrem Stromnetzbetrieb ca. 1 Milliarde Kilowattstunden an sogenannter „Verlustenergie“, letztlich einfach Umspannverluste und Abwärme in der Verteilung von elektrischer Energie über ihre Leitungen. Man kann versuchen, die Menge dieser Verlustenergie zu reduzieren, aber die deutschen Verteilnetzbetreiber sind hier technisch auf einem sehr hohen Niveau und ein „Rest“ an Verlustenergie ist physikalisch einfach unvermeidbar. Diese Verlustenergie also wollten wir „grün“ beschaffen. Jenseits des Themas, dass man in Deutschland Grünstrom eigentlich nur über Herkunftsnachweise handeln kann – ich finde das System gut, aber ich weiß, dass es auch kritische Stimmen gibt: Es ist nicht vorgesehen, dass Verteilnetzbetreiber Herkunftsnachweise für Verlustenergie einsetzen, was fast schon einem Verbot der Beschaffung von Grünstrom für Verlustenergie gleichkommt (das Problem habe ich hier ausführlicher beschrieben). Wir haben das dadurch gelöst, dass wir eine zu unserer Verlustenergie äquivalente Menge an Herkunftsnachweisen dauerhaft dem Markt entzogen haben (eben nur entzogen, aber nicht für Verlustenergie eingesetzt) und der uns im Prozess begleitende Zertifizierer das anerkannt hat. Glücklich macht das natürlich nicht, und über diese Hürden bei der Beschaffung von Grünstrom kann man sich nur wundern (war eine allgemeine und umfassende Grünstromversorgung nicht das Ziel?). Der „klassische“ Betriebsstromverbrauch ist von diesem Problem nicht betroffen und insofern haben wir hier natürlich „ordentlich“ Grünstrom beschafft – und „Biogas“ für unseren Gasverbrauch.

Die Ankündigung heute ist immer noch eine Ankündigung. Das liegt aber in der Natur der Sache – was unsere Emissionen in 2021 genau waren, werden wir ja erst nach 2021, also in 2022, wissen. Und dann erst wird der Zertifizierer auch prüfen und bestätigen können, dass wir unsere verbleibenden Emissionen über Zertifikate abgedeckt haben. Und das gehört auch zur Wahrheit dazu: Am Ende werden wir rund 15 % unserer Emissionen über Kompensationszertifikate abdecken.

Zusammen mit dem Thema „Scope 3“ sind diese verbleibenden rund 15 % also der Bereich, in dem wir in den nächsten Jahren arbeiten müssen. Unterm Strich hat uns bei der Netze BW GmbH die Klimaneutralität schon einen siebenstelligen Betrag gekostet, also substantiell Geld. Aber gemessen am Gesamtvolumen unseres Geschäfts mit 4,2 Mrd. € Umsatz und einem Ergebnis nach Steuern von 116 Mio. € ein vergleichsweise geringer Betrag. Andere Unternehmen, gerade in der Industrie und der Energieerzeugung, haben da ganz andere wirtschaftliche Herausforderungen. Für mich war klar, auch wenn „Klimaneutralität“ erst einmal nur eine wirtschaftliche Belastung ist, müssen wir es bei uns (der Netze BW GmbH) mit Blick auf die darstellbaren Größenordnungen ganz einfach tun. Strategisch ist es eine Notwendigkeit, sich des Themas anzunehmen und daran zu arbeiten, denn es wird auf Dauer ein Thema bleiben (meine strategische Sicht darauf habe ich hier einmal länger erläutert). Und ich finde, dann kann man auch darüber reden. Alles das haben wir getan – wir sind es angegangen, wir haben wesentliche Themen gelöst, wir haben noch vieles zu tun, und heute reden wir auch einmal darüber.

Pressemeldung der Netze BW GmbH "Klimaneutrale Strom- und Gasnetze für Kunden und Kommunen"

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