Die Vermessung der Versorgungssicherheit

14.01.2019 | Auch hier zu finden im Web

Versorgungssicherheit
EEG

Ende letzten Jahres ist es erschienen – „Recht und Energie“, das Liber amicorum für Ulrich Büdenbender zum 70. Geburtstag. Herausgegeben wurde es von Dr. Peter Rosin und Professor Arnd Uhle. Ich habe mich gefreut, dass ich zu diesem hochkarätigen und schwer-juristischen Fachbuch einen Aufsatz beisteuern durfte. Durch juristische Hochseilakte fällt mein Artikel sicher nicht auf, eher dadurch, dass er als einziger mathematische Formeln enthält … .

Inhaltlich habe ich mich mit dem (mir am Herzen liegenden) Thema Versorgungssicherheit beschäftigt. Zunächst führe ich aus, wie man die Versorgungssicherheit eines Kraftwerksparks in Zahlen fassen kann. Den grundsätzlichen Ansatz habe ich schon einmal hier erläutert. In dem Artikel in „Recht und Energie“ zeige ich auf, wie man das auf einen Park mit vielen verschiedenen Kraftwerksblöcken erweitern kann. Darauf aufbauend geht es mir dann vor allem um eine wesentliche Änderung in der Natur von Kraftwerksausfällen „vor und nach“ der Energiewende: Im Bereich „klassisch konventioneller“ Kraftwerke sind Ausfälle in der Regel echte Zufallsereignisse und dabei auch stochastisch unabhängig. Bei erneuerbaren Energien aber, also nach praktischer Relevanz Wind und PV, ist die Qualität der Wetterprognose entscheidend. Natürlich ist völlig offen, ob zu einem gegebenen Betrachtungszeitpunkt in einem Jahr ausreichend Wind und Sonne für eine Stromerzeugung zur Verfügung stehen. Aber über die Produktionssituation erneuerbarer Erzeugung in einer Woche sind Aussagen möglich. Und die Wetterprognosen bis zu drei Tage in die Zukunft werden immer besser. Hier sind es also nicht mehr „echte Zufallsereignisse“. Verglichen mit einem Kohlekraftwerk fallen Wind- und PV-Erzeugung also mangels Wind- oder Sonnendargebot öfter aus. Man kann diese „Ausfälle“ allerdings auch deutlich früher erkennen bzw. man kann sie prognostizieren.

Die Gesetzgebung rund um Engpass- und andere Notfallsituationen berücksichtigt diese neue Qualität bei der ungeplanten Nicht-Verfügbarkeit von Kraftwerken nicht. Der § 13 EnWG, der Übertragungsnetzbetreibern zur Abwehr unmittelbarer Krisensituationen gewissermaßen eine Carte blanche gibt, stammt noch aus einer Zeit vor Beginn der Energiewende. Der Umstand, dass die Übertragungsnetzbetreiber nicht nur für unmittelbare, sondern auch für in drei Tagen absehbare Krisensituationen handeln können sollten, ist nicht adressiert. Völlig außen vor ist eine Situation, in der die Übertragungsnetzbetreiber mit einer Wahrscheinlichkeit von nur grob 10 % in drei Tagen einen Engpass sehen. Bei der Bedeutung der Stromversorgung für unser öffentliches Leben würde man sich wünschen, dass bereits in diesem Fall Maßnahmen ergriffen werden. § 13 EnWG ist aber wohl noch nicht anwendbar, denn wenn es in neun von zehn Fällen gut geht, ist es wohl keine unmittelbare Krisensituation.

Es ist also dringend geboten, die Versorgungsicherheit der Stromversorgung tiefer zu analysieren. Weiter sollten wir unser stromwirtschaftliches Regelwerk dahingehend erweitern, wie wir einen konkreten Engpass bewirtschaften – nur mit § 13 EnWG, insbesondere in der aktuellen Fassung, sind wir hier schlecht aufgestellt. Möglichkeiten hierzu zeige ich in dem Artikel ebenfalls auf. Der Umstand, dass die Bundesregierung sich bei der Messung bzw. Erfassung der Versorgungssicherheit noch nicht für eine Definition entscheiden konnte, macht nicht unbedingt Hoffnung. Peter Druckers Managementgrundsatz, der ja auch hier auf LinkedIn regelmäßig zitiert wird, gilt aber auch für die Versorgungssicherheit: If you can't measure it, you can't improve it.

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